Das heute vom Bundeskabinett verabschiedete Bündel von Verschärfungen der Sicherheitsgesetze ist unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten immer noch verbesserungsbedürftig, wenn auch der ursprüngliche Entwurf von Innenminister Schily an vielen wichtigen Stellen korrigiert worden ist. Gleichwohl ist festzustellen, dass der Gesetzentwurf für Polizei und Geheimdienste neue Befugnisse vorsieht, die sensible Bereiche des Rechtsstaates, die Trennung von Polizei und Geheimdiensten sowie die Unterscheidung von Strafverfolgung und Gefahrenabwehr empfindlich stören.
Im Einzelnen stechen aus der Vielzahl der angestrebten Veränderungen die folgenden besonders hervor:
- Das Bundeskriminalamt soll bei sämtlichen öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen ohne nähere Begründung zur Erfüllung seiner Aufgabe als Zentralstelle oder sonst zu Zwecken der Auswertung Daten erheben dürfen. Damit wird eine Grauzone eröffnet, die zu Vorfeldermittlungen des BKA ohne justizielle Aufsicht führt, die deutlich über die vom Grundgesetz zugelassene unterstützende Zentralstellenfunktion hinausgeht, die die Zuständigkeiten der Länder zur Gefahrenabwehr beeinträchtigt und damit Rechtsklarheit vermissen läßt. Wie weit dieser Spielraum definiert wird, sieht man daran, dass das BKA seit Tagen versucht, bei Firmen und öffentlichen Stellen in den Bundesländern umfangreiche Datenbestände zu erheben und damit Abgleiche durchzuführen, ohne dass die besonderen Voraussetzungen der Rasterfahndung eingehalten werden.
- Die Möglichkeit der Aufnahme biometrischer Merkmale in Pässe und Ausweise soll ausdrücklich eröffnet werden. Während bei Deutschen die Einzelheiten einem Ausführungsgesetz vorbehalten bleiben, sollen solche Dokumente für Ausländer per Rechtsverordnung durchgesetzt werden. Die Frage, ob die biometrischen Merkmale auch außerhalb des Verfügungsbereiches der Betroffenen, also z.B. in zentralen oder dezentralen Referenzdateien gespeichert werden dürfen, wird ausdrücklich offen gelassen. Damit sieht der Gesetzentwurf die Einführung einer komplexen neuen Technologie vor, ohne offen zu legen, welche Nutzungen insbesondere von Fingerabdrücken und Gesichtsbiometrie durch die Polizei möglich und geplant sind. Hier bestehen noch viele gesetzlich auszufüllende datenschutzrechtliche Lücken.
- In einer Vielzahl von ausländerrechtlichen Bestimmungen wird ohne Nachweis der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Nichtdeutschen eingegriffen. Auf jeden Fall als verfassungswidrig abzulehnen ist, dass Angaben über die Religionszugehörigkeit von Ausländern in staatliche Dateien aufgenommen werden sollen. Dies ist auch auf freiwilliger Basis vor dem Hintergrund der ausdrücklichen Regelung in Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 3 WRV verboten.
Es bleibt zu hoffen, dass der Deutsche Bundestag die Gesetzentwürfe der Regierung einer gründlichen Beratung unterzieht. Es ist sinnvoll, wirklich eilbedürftige Teile vorzuziehen, aber die nicht terrorismusbezogenen Vorhaben ohne Zeitdruck und mit der gebotenen verfassungsrechtlichen Sensibilität zu beraten.