Veranstaltung zum Datenschutz im Landtag

- Pressemitteilung vom 4. November 2008

Auf Einladung des Landesbeauftragten für den Datenschutz sind am 3. November 2008 ca. 200 Gäste aus den Bereichen der Wirtschaft, der Landesregierung und der Justiz in den Plenarsaal des rheinland-pfälzischen Landtags gekommen, um sich unter dem Titel

Vernachlässigtes Kapital - Datenschutz in der Privatwirtschaft

über die aktuellen Probleme des Datenschutzes in der privaten Wirtschaft und ihre Lösungsmöglichkeiten zu informieren. Neben dem Bundestagsabgeordneten Hartmann waren die Landtagsabgeordneten Pörksen, Mittrücker und Auler, der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, die Präsidenten der Oberlandesgerichte und der obersten Fachgerichte des Landes, der Präsident des Rechnungshofs, zahlreiche Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter aus den Ressorts, betriebliche und behördliche Datenschutzbeauftragte sowie auch jugendliche Zuhörerinnen und Zuhörer erschienen.

In seiner Begrüßung hob der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Edgar Wagner, hervor, dass neben allen Anstrengungen des Gesetzgebers. der Kontrollbehörden und der privaten Wirtschaft selbst vor allem auch die Bürger gefordert seien, im Sinne eines Selbstdatenschutzes mit eigenen Daten überlegt umzugehen und auch auf technische Sicherungsmaßnahmen zu achten. In ihrem Einführungsvortrag stellte die Bundesministerin der Justiz Brigitte Zypries dar, welche Überlegungen für die Bundesregierung derzeit maßgeblich sind, um das Bundesdatenschutzgesetz sachgerecht zu novellieren.

Die anschließende lebhafte Diskussionsrunde wurde in bewährter souveräner Manier von Bernhard Töpper, ZDF, moderiert.

Rainer Neumann, Vorstandsvorsitzender der SCHUFA, verstand es, die Anliegen seiner Organisation überzeugend zu formulieren. Er wandte sich besonders gegen die Darstellung, dass für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit von Personen ihre Adresse maßgeblich sei; dies sei nicht Bestandteil des Schufa-Scoringverfahrens. Nachdrücklich bestritt er auch, dass sich staatliche Stellen der Informationen der Schufa bedienen könnten.

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. August-Wilhelm Scheer, Präsident des BITKOM, wies vor allem auf die Folgen der Globalisierung in der IT-Welt hin. Selbst europäische Regelungen griffen zu kurz. Die DV-Welt werde von Global Playern bestimmt, die ihren Sitz außerhalb Europas hätten. Für Deutschland sah er weniger ein Defizit bei den vorhandenen Regelungen, als vor allem im Vollzug: Alle bekannt gewordenen Datenschutzskandale der letzten Zeit würden auf Gesetzesverletzungen beruhen. Es komme darauf an, diese durch wirkungsvollere Kontrollen zu verhindern.

Ähnlich argumentierte Manuel Schindler, Vizepräsident des Call Center Forum Deutschland e.V.

Seine Erfahrungen als Call-Center-Mitarbeiter schilderte Günter Wallraff. Nach seiner Kenntnis arbeiteten 80% der werbenden Callcenter (die unverlangte Anrufe tätigen) illegal und nutzten Datenbestände aus dubiosen Quellen. Er plädierte nachdrücklich dafür, in diesem Bereich effektiv, besonders durch verdeckte Ermittlungen, illegale Machenschaften aufzuklären und die Verantwortlichen zu bestrafen.

Margit Conrad, Staatsministerin für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz, sah - in Übereinstimmung mit der Bundesjustizministerin - deutlichen Handlungsbedarf für den Gesetzgeber. Ohne ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers solle es in Zukunft keine Datenspeicherung und vor allem keine Datenweitergabe zu Werbezwecken geben. Überdies dürfe der Abschluss von Verträgen nicht davon abhängig gemacht werden, ob gleichzeitig Daten zu Werbezwecken übermittelt werden dürfen. Conrad forderte bei Verstößen gegen das Datenschutzrecht die Verschärfung der Straf- und Bußgeldvorschriften sowie die Möglichkeit zur Abschöpfung von Gewinnen, die durch Datenmissbrauch erzielt wurden.

Einig waren sich alle Diskutanten darin, dass die Kompetenz für den Umgang mit den neuen Medien, aber auch für die Wahrnehmung ihrer Rechte als Verbraucher, schon frühzeitig durch eine intensive Informationsarbeit von Schulen und anderen staatlichen und gesellschaftlichen Kräften gestärkt werden muss.

Fragen aus dem Publikum betrafen z.B. den angeblichen Adresshandel von Meldeämtern und den Umgang von Arbeitgebern mit Informationen aus sozialen Netzwerken wie studi.vz.

Im Anschluss an die Veranstaltung wurde nicht nur der Film von Wallraff Bei Anruf Abzocke vorgeführt. Es fand ein Empfang bei Wein und Bretzeln statt, an dem die meisten Gäste teilnahmen.

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Hinweis

Ein Mitschnitt der Veranstaltung wird am Freitag, den 7. November 2008, ab 14.45 Uhr in der Sendung vor ORT bei Phoenix gesendet.

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