Der "Megatrend" Digitalisierung und dessen Bedeutung bei der Entwicklung eines zukunftsfähigen Gesundheitswesens war Kernpunkt der Veranstaltung "Gesellschaft im Wandel – Selbstbestimmung auf der Strecke?" des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI) und des rheinland-pfälzischen Gesundheitsministeriums am 20. März 2017 in Mainz.
In ihren Eingangsstatements waren sich die Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler und der Datenschutzbeauftragte des Landes, Professor Dr. Dieter Kugelmann, einig, dass die Telematik im Gesundheitswesen nie nur Selbstzweck sein darf, sondern immer der Mensch und damit auch ethische Fragen im Vordergrund stehen müssten.
Die Ministerin betonte die große Verantwortung, die mit der Einführung digitaler Anwendungen im Gesundheitswesen einhergeht: "Es bedarf einer gesellschaftlichen Debatte sowohl über Nutzen und Chancen als auch über Defizite und Risiken, die sich aus der Verfügbarkeit umfassender Datensätze gerade im medizinischem Kontext ergeben. Hilfebedürftige und alte Menschen dürfen nicht elektronisch bevormundet werden."
LfDI Kugelmann pflichtete dem bei und sprach sich zudem für einen digitalen TÜV für Gesundheits-Apps aus, die in großen Mengen Gesundheitsdaten ihrer Nutzerinnen und Nutzer sammeln: "In Anlehnung an die Unterscheidung verschreibungsfreier von verschreibungspflichtigen Medikamenten könnten differenzierte Lösungen gefunden werden. Auf die Risiken des Einsatzes der Technologie muss jedenfalls ausdrücklich hingewiesen werden", so Kugelmann. Doch auch die Ärzteschaft nahm der LfDI in die Pflicht: "Die Ärztin oder der Arzt tragen selbst individuelle Verantwortung für die patientengerechte und damit datenschutzverträgliche Anwendung von Heilmitteln jeder Art. Dazu zählen auch digitale Heilmittel."
Sowohl der Datenschutzbeauftragte als auch die Ministerin betonten die Notwendigkeit, "rote Linien" der Digitalisierung im Gesundheitsbereich festzulegen, die den Schutz der persönlichen Freiheit der Patientinnen und Patienten gewährleisten und von den beteiligten Akteuren nicht überschritten werden dürfen.
Die Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/ Saarland, Dr. Irmgard Stippler, ging in ihrem Eingangsstatement der Frage nach, welchen Wandel die Solidarität im Prozess der Digitalisierung vollzieht und wie sich das auf die Gemeinschaft der Versicherten auswirkt.
Die anschließende Diskussionsrunde, die der ZDF-Journalist Ralph Szepanski moderierte, wurde von Sabine Strüder von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz und Professor Dr. Ignaz Wessler, ehemals stellvertretendem Vorsitzenden der Ethik-Kommission bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, komplettiert. Es herrschte ein breiter Konsens, dass in der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts Datenschutz nur im Zusammenwirken aller betroffenen Akteure funktionieren könne. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens erfordere die Entwicklung eines Systems gestufter und differenzierter Verantwortlichkeiten. Wenn sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung bewusst seien, könne in einem Prozess des offenen Dialogs der Prozess der Digitalisierung auch in solch vertraulichen Zusammenhängen wie einer ärztlichen Heilbehandlung datenschutzgerecht ausgestaltet werden.
Weitere Informationen zur Digitalisierung im Gesundheitswesens, z.B. zu Wearables befinden sich in dem Themenfeld Gesundheit der Homepage des LfDI.