| Informationsfreiheit

Premiere für Rheinland-Pfalz: Der 1. Informationsfreiheitsbericht

- Pressemitteilung vom 14. Mai 2014

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI), Edgar Wagner, hat am 8. Mai 2014 den ersten Tätigkeitsbericht für den Bereich der Informationsfreiheit dem Präsidenten des Landtags Rheinland-Pfalz, Joachim Mertes, überreicht.

Der Bericht umfasst die Jahre 2012 und 2013, also die beiden ersten Amtsjahre des LfDI als Informationsfreiheitsbeauftragter. Auf knapp 80 Seiten wird die aktuelle Situation der Informationsfreiheit beschrieben. LfDI Wagner hofft, dass der Bericht die Bürgerinnen und Bürger ermutigen wird, von ihren entsprechenden Rechten stärker als bisher Gebrauch zu machen und die Verwaltung darin bestärkt, den Bürgeranliegen offen zu begegnen und möglichst weit entgegen zu kommen.

Der Tätigkeitsbericht befasst sich mit dem Stellenwert und der Entwicklung der Informationsfreiheit in Rheinland-Pfalz, den anderen Ländern, dem Bund und in Europa. Dieser Stellenwert lässt sich für Rheinland-Pfalz mit einer positiven und einer negativen Feststellung umschreiben. Die positive Nachricht lautet: Die Bedeutung wird zunehmend größer. Die negative: Das geschieht noch auf niedrigem Niveau.

I. Eingaben/Anträge nach dem LIFG

1. Das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) trat im November 2008 in Kraft. Aber erst im Jahr 2012 wurde ein Informationsfreiheitsbeauftragter eingesetzt. Seit 2009 ist die Zahl der Anträge und der durch sie ausgelösten Informationsfreiheitsverfahren kontinuierlich angestiegen. Wurden im ersten Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes nur 139 Anfragen an die Landesbehörden gerichtet, so waren es im Folgejahr bereits 204 und 2011 insgesamt 553 Anträge auf Informationszugang. Für den Berichtszeitraum geht der LfDI von ca. 1.000 Informationsanträgen im Jahr aus.

Verglichen mit den Antragszahlen anderer Länder nehmen sich die Anfragen in Rheinland-Pfalz und im Bund (ca. 10.000 Anträge im Jahr 2013) bescheiden aus. In den USA beispielsweise, wo es seit mehr als fast 50 Jahren ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Informationszugang gibt, nimmt das Interesse an staatlichen Informationen nach wie vor beständig zu. Waren es 2010 noch 600.000 Anfragen nach dem Freedom of Information Act, so stiegen die Zahlen auf je 650.000 Anträge in den Jahren 2011 und 2012 und lagen 2013 bei knapp 700.000. Bezogen auf die jeweiligen Einwohnerzahlen hätten in Rheinland-Pfalz danach allein ca. 9.000 Anträge gestellt werden müssen.

Nur ein kleiner Teil der Bürgerinnen und Bürger, die Anträge nach dem LIFG stellen, wendet sich dabei, davor oder danach an den LfDI. Aber auch Behörden des Landes und der Kommunen machen von der Möglichkeit Gebrauch, den LfDI um Unterstützung bei Fragen zu Informationsfreiheitsanträgen zu bitten. Parallel zur den wachsenden Antragszahlen stieg die Zahl der beim LfDI durchgeführten Beratungen, Auskünfte und Stellungnahmen zur Informationsfreiheit daher von 50 im Jahre 2012 auf 120 im Jahre 2013. Davon wurden mehr als 60 Begehren im schriftlichen Verfahren behandelt, der Rest entfiel auf telefonische Beratungen. In fast allen Fällen gelang es dem LfDI, den Bürgerinnen und Bürgern zu ihrem Recht zu verhelfen und eine einvernehmliche Lösung mit den beteiligten Behörden zu finden.

Dem LfDI sind nur wenige Fälle bekannt, in denen die Petenten trotz Einbeziehung des LfDI Klage vor den Verwaltungsgerichten erhoben haben. Insofern erfüllt der LfDI seine Funktion als vorgelagerter Rechtsschutz. Dabei beschleunigt er zugleich die Abwicklung von Informationszugangsverfahren und entlastet die Gerichte.

2. Die Informationsfreiheit lebt von ihrer Inanspruchnahme durch die Bürgerinnen und Bürger. Diese Inanspruchnahme muss weiter gefördert werden, will man die Ziele des LIFG - verstärkte demokratische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger und bessere Kontrolle der Verwaltung - auch tatsächlich erreichen. Aus diesem Grunde begrüßt und unterstützt der LfDI zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich der Informationsfreiheit verschrieben haben. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist das Internetportal www.FragdenStaat.de. Hier können Interessierte mit wenigen Maus-Klicks mit Hilfe eines Musterformulars ihre Anfrage an öffentliche Stellen versenden. Seit dem 12. Mai 2014 gibt es FragdenStaat auch für Informationsfreiheitsanträge an öffentliche Stellen in Rheinland-Pfalz.

3. Der Schwerpunkt der Anfragen liegt eindeutig bei den Kommunen. Anfragen an Ministerien oder nachgeordnete Landesbehörden erreichen den LfDI deutlich seltener. Schwerpunkt der Beratungstätigkeit des LfDI sind daher - neben den Antragstellern selbst - gerade die mit den Anträgen befassten kommunalen Behörden.

4. Im Rahmen seiner Beratungstätigkeit war der LfDI immer wieder damit konfrontiert, dass Behörden das Gesetz und den darin enthaltenen Anspruch der Bürgerinnen und Bürger nicht kannten. Diese (partielle) Unkenntnis schlug sich nicht selten in längeren Bearbeitungszeiträumen - gesetzliche Antwortfrist der Verwaltung ist ein Monat - und einer restriktiven Handhabung des Instrumentariums nieder.

Oft beriefen sich die angefragten Stellen grundlos auf das Vorliegen von Schutzvorschriften, die den Informationszugang ausschließen. Insbesondere beriefen sich Behörden - bis hin zum Bundesministerium des Inneren - auf ein angebliches Urheberrecht staatlicher Stellen an den Inhalten behördlicher Vermerke. Auch Unternehmen, deren Belange mittelbar von den Anfragen betroffen waren, versuchten in einigen Fällen sich pauschal hinter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu verschanzen. Leider übernahmen manche Verwaltungsbehörden diese Argumentation ungeprüft.

Blieben Bürger hartnäckig, wurde in einigen Fällen versucht, Antragsteller mit hohen Gebühren und Verfahrenskosten abzuschrecken. So bezifferte eine Kommune im Widerspruchsverfahren den Wert einer einfachen Auskunft über den Inhalt eines Sitzungsprotokolls auf 5.000 Euro; nach diesem Verfahrenswert bemessen sich die Verfahrenskosten.

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II. Verbesserung der gesetzlichen Grundlage

Der Landesbeauftragte für die Informationsfreiheit regt in seinem Bericht - auf der Grundlage der in den ersten beiden Jahren seiner Tätigkeit gesammelten Erfahrungen - zahlreiche Verbesserungen des Informationsfreiheitsgesetzes an. Diese zielen überwiegend auf eine Ausweitung des Informationsfreiheitsrechts und eine Begrenzung entgegenstehender Rechte.

Der LfDI sieht gleichwohl die Notwendigkeit, dass es Bereiche staatlichen Handelns geben muss, die von der Transparenzpflicht ausgenommen sind. Die Entscheidung hierüber muss aber in jedem Einzelfall erneut getroffen werden. Eine vollständige Ausnahme ganzer Bereiche wie des Verfassungsschutzes oder der drittmittelfinanzierten Hochschulforschung ist weder zeit- noch sachgemäß.

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III. Transparenzgesetz und Open Data

In seinem Tätigkeitsbericht nimmt der LfDI schließlich auch Stellung zu dem von der Landesregierung angekündigten Transparenzgesetz für Rheinland-Pfalz. Darin wird der Ausbau der Informationsfreiheit von einem Recht, auf Antrag Informationen zu erhalten, zu einer proaktiven Pflicht öffentlicher Stellen, Informationen allgemein und frei in einem internetbasierten Transparenzregister zugänglich zu machen, vorgenommen. Der Informationsfreiheitbeauftragte hat einen Katalog mit umfangreichen Anregungen verfasst, welche Daten und Informationen in einem Transparenzregister vorhanden sein sollten.

LfDI Wagner begrüßt das angekündigte Transparenzgesetz nachdrücklich. Dazu Wagner: Die Absicht der Landesregierung, in Rheinland-Pfalz als erstem Flächenland bundesweit ein Transparenzgesetz einzuführen, ist ebenso weitsichtig wie mutig. Mutig, weil es nach 400 Jahren Geheimhaltung in den Amtsstuben nicht selbstverständlich ist, die Bürgerinnen und Bürger hinter die Kulissen der Verwaltung blicken zu lassen. Weitsichtig, weil in Zeiten des Internet entsprechende Dialogformen zwischen Staat und Gesellschaft gesucht und aufgebaut werden müssen.

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Anlage

Ausgewählte Ergebnisse aus der Prüfungs- und Beratungstätigkeit des Informationsfreiheitsbeauftragten

Finanzgeschäfte einer städtischen GmbH

Eine Bürgervereinigung beantragte von einer rheinland-pfälzischen Stadt Zugang zu Informationen und Auskünfte im Zusammenhang mit Zins- und Finanzgeschäften zweier städtischer GmbHs. Die Stadt verweigerte den Zugang zu den Informationen und wies den hiergegen gerichteten Widerspruch zurück. Die Bürgervereinigung bat den LfDI um eine Einschätzung, ob die Ablehnungsgründe im Widerspruchsbescheid durch das LIFG gedeckt seien. Der LfDI ist der Ansicht, dass sich eine im überwiegenden Eigentum der Stadt befindliche GmbH nicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen kann, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Er vertritt weiter die Auffassung, dass eine auskunftspflichtige Stelle sich nicht ins Privatrecht flüchten könne, um sich ihren bestehenden Auskunftsverpflichtungen aus dem LIFG zu entziehen. Er befindet sich damit im Einklang mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung in Rheinland-Pfalz.

Die Stadt hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen, insoweit ist eine Klage anhängig.

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Straßensanierung

Ein Bürger verlangte von seiner Heimatgemeinde den Zugang zu folgenden Informationen:

  1. In welchen Straßenabschnitten werden Kanäle saniert?
  2. Welche Kanäle werden in welchem Zeitraum saniert?
  3. Mit welchem Verfahren werden die Kanäle saniert?
  4. Welche Kanäle wurden bereits saniert und mit welchem Verfahren geschah dies?

Nachdem die Auskunft verweigert worden war, schaltete der Bürger den LfDI ein. Nach dessen Beratung der Gemeinde erfolgte die Auskunft vollständig.

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Offenlegung von Leasingverträgen für Dienstwagen

Ein Bürger verlangte folgende Auskünfte:

  1. Stehen dem Oberbürgermeister und den Beigeordneten Dienstwagen zur Verfügung?
  2. Welche Kosten sind damit verbunden?
  3. Sind die Dienstwagen geleast?
  4. Falls die Wagen geleast sind, bat der Bürger um Zugang zu den Leasingverträgen.
  5. Hat die Stadtverwaltung für diese Fahrzeuge Fahrer beschäftigt?

Nachdem der Informationszugang teilweise verweigert worden war, bat der Bürger den LfDI um Unterstützung. Eine Einigung mit der Stadt kam jedoch nicht zustande. Der Informationszugang zum Leasingvertrag wurde sowohl von der Stadtverwaltung als auch in erster und zweiter Instanz verneint. In den Ablehnungsgründen führte das OVG Rheinland-Pfalz aus, dass dem Zugang zum Leasingvertrag für den Dienstwagen § 11 Satz 2 des LIFG entgegenstünde, da die begehrten Informationen ein Geschäftsgeheimnis des Leasinggebers darstellten. Der Zugang hierzu hänge also von der Einwilligung des Leasinggebers ab, die jedoch nicht erteilt worden sei.

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Verlängerung einer städtischen Buslinie durch ein Wohngebiet

In einem städtischen Vorort wurde die Route einer bereits bestehenden Buslinie um einige Haltestellen erweitert. Diese neuen Haltestellen liegen in einem Wohngebiet, was zu einer erheblichen Lärmbelästigung der Anwohner führt. Daraufhin bat ein Bürger bei den Verkehrsbetrieben um Zugang zu den Kalkulationsgrundlagen dieser erweiterten Buslinie. Die Verkehrsbetriebe legten dem Bürger - nach Einschaltung des LfDI - dar, wieso es rentabel war, die erweiterte Strecke der Buslinie zu bedienen.

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Kernsanierung und Brandschutz einer Justizvollzugsanstalt

Der Insasse einer rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalt hatte bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Informationszugang gestellt, in dessen Rahmen er u.a. die Überlassung des amtlichen Lageplans der Justizvollzugsanstalt, die Baubeschreibung und das Brandschutzkonzept der Anstalt begehrte. Das Brandschutzkonzept der JVA umfasst Lagepläne, Fluchtwege und Pläne von Lüftungsschächten. Der Antrag wurde abgelehnt, da nicht auszuschließen sei, dass derartige Kenntnisse einer etwaigen Fluchtplanung eines JVA-Insassen zuträglich seien. Dieser Auffassung schloss sich der LfDI an.

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Die Bahn fährt nun langsamer - zusätzliche Haltestelle auf der Strecke

Ein regelmäßiger Bahnfahrer wandte sich an die zuständige Stelle, um herauszufinden, warum ein Regionalexpress nach vielen Jahren ohne Zwischenhalt nun an einem kleinen Bahnhof einen Zwischenhalt macht. Mit Unterstützung des LfDI erhielt der Bürger vom zuständigen Zweckverband auf folgende Fragen Auskünfte:

  1. Was hat die Überprüfung der Haltestellenänderung in den Jahren 2011 und 2012 ergeben?
  2. Wie viele Einsteiger werden durchschnittlich benötigt, um einen Halt einzurichten?
  3. Aufgrund welcher Grundlage wird festgelegt, ob ein Halt aufgehoben wird?

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Einrichtung und Aufstellung von Halteverbotszeichen

Ein Anwohner bat über den LfDI bei einer Gemeinde um Zugang zu folgenden Informationen:

  1. Wie handhabt die Gemeine die Errichtung von Halteverbotszeichen (Zeichen 283 der Anlage 2 der Straßenverkehrsordnung)?
  2. Welche Voraussetzungen müssen für die Errichtung eines solchen Halteverbotszeichens gegeben sein?
  3. Welche Voraussetzungen müssen für die Errichtung eines solchen Haltverbotszeichens an der Einmündung in seiner Straße gegeben sein?

Die Auskunft erfolgte vollständig.

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