Am 1. September 2011 beginnt bundesweit die Auslieferung der neuen Elektronischen Gesundheitskarte. Bis zum 31. Dezember 2011 müssen die gesetzlichen Krankenkassen 10 % ihrer Versicherten mit einer solchen Karte ausstatten, wennsie nicht die Kürzung finanzieller Mittel riskieren wollen. Da es in Rheinland-Pfalz rund 3,5 Millionen gesetzlich Versicherte gibt, müssen bis zum Jahresende 350.000 Versicherte mit der neuen Elektronischen Gesundheitskarte versorgt sein.
Das ursprünglich als IT-Leuchtturmprojekt apostrophierte Vorhaben ist allerdings erst einmal auf Windlicht-Größe reduziert worden. Außer einem Lichtbild und einem zunächst funktionslosen Chip enthält die Karte nichts Neues. Ab 2012 soll dann mit Hilfe der Karte online überprüft werden können, ob und in welchem Umfange Besucher von Arztpraxen gesetzlich krankenversichert sind. Frühestens 2014 sollen auf ihr - freiwillig - die Notfalldaten der Versicherten (Blutgruppe, chronische Erkrankungen, Allergien etc.) und der elektronische Arztbrief gespeichert werden können. Völlig unklar ist, ob und wann weitere Punkte, wie z.B. die elektronische Patientenakte realisiert werden.
Damit zumindest die wenigen neuen Funktionen realisiert und in den Arztpraxen gelesen werden können, müssen dort die notwendigen Lesegeräte angeschafft werden. Dies ist in Rheinland-Pfalz zurzeit nur in rund der Hälfte aller Arztpraxen geschehen.
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Rheinland-Pfalz, Edgar Wagner, betont, dass die Karte so wie sie jetzt verteilt werde, keine datenschutzrechtlichen Probleme aufwerfe. Es besteht aber die Gefahr - so Wagner -, dass die Belange des Datenschutzes, die bei der Verabschiedung der gesetzlichen Grundlagen weitgehend berücksichtigt worden waren, jetzt im Gesetzesvollzug verwässert werden. Dies wäre bei der geplanten Einbeziehung des Notfalldatensatzes der Fall, soweit ein Zugriff auch außerhalb von Notfallsituationen ohne PIN möglich sein sollte. Auch die geplante Anbindung der IT-Systeme von Arztpraxen an das Internet verfolgen die Datenschützer mit großer Sorge. Sofern mit der Elektronischen Gesundheitskarte zumindest mittelfristig auch Befund- und Diagnosedaten aus den Arztdokumentationen verarbeitet werden sollen, ist im Übrigen immer noch unklar, in welcher Weise die Betroffenen ihre gesetzlich vorgesehenen Rechte (Recht auf Auskunft, Sperrung, Löschung etc.) wahrnehmen können.
Wenn es nicht gelingt, auch im Gesetzesvollzug einen ausreichenden Datenschutz zu gewährleisten, wird es der Elektronischen Gesundheitskarte so gehen wie anderen Windlichtern auch. Ehe man sich versieht, sind sie verloschen, erklärte Wagner aus Anlass der Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte.