GPS-Ortung der Beschäftigten durch den Arbeitgeber
GPS kann zwar sowohl im privaten als auch im beruflichen Leben viel Zeit und Ärger sparen, eröffnet aber gleichzeitig ganz neue Kontrollmöglichkeiten. Während vor 20 Jahren nur der Fahrer selbst wusste, wo er sich gerade befand, kann mittels GPS-Technik heute auch mancher Dritter an jedem Ort der Welt auf das GPS-Signal zugreifen und erfahren, wann und wo sich ein Fahrzeug oder ein Smartphone befindet.
Sicherlich kann dies in einer Reihe von Fällen sinnvoll sein, wie beispielsweise bei einem Unfall, jedoch greift diese Art der Überwachung – insbesondere wenn sie heimlich stattfindet – tief in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Person ein. Sofern das GPS-Gerät oder das solcherart ausgestattete Fahrzeug einer bestimmten Person zugeordnet werden kann, handelt es sich bei den Standortdaten um personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Dann sind auch die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) bzw. des Landesdatenschutzgesetzes (LDSG) zu beachten.
In den vergangenen Jahren wurde der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wiederholt von Beschäftigten um Hilfe gebeten, die sich mittels GPS-Technik durch den Arbeitgeber überwacht fühlten. Beschäftigte im Bereich der Autobahnmeisterei, deren Fahrzeuge mit GPS-Geräten versehen waren, um ihre Arbeitsleitung und Routen genauestens nachvollziehen zu können, fühlten sich durch den Arbeitgeber überwacht. Daneben waren wiederholt Beschäftigte, die im Außendienst arbeiten, von der Überwachung mittels GPS betroffen. Dienstfahrzeuge, die zum Teil auch zur privaten Nutzung den Beschäftigten überlassen wurden, stattete der Arbeitgeber mit GPS-Technik aus, um den Standort der Beschäftigten ermitteln und Arbeitseinsätze einfacher planen zu können.
Während die Überwachung in der Vergangenheit hauptsächlich durch GPS-Technik in Fahrzeugen stattfand, spielt heute auch die Ortung des Smartphones eine wichtige Rolle. Das Dienst-Smartphone kann so schnell zum „Spion in der Hosentasche“ werden. Die GPS-Technik in den Smartphones erlaubt es, die Beschäftigten noch genauer zu orten, als dies mit dem Fahrzeug möglich ist. Der Arbeitgeber kann aufgrund des Standortes erkennen, ob sich die betroffene Person in einem Gebäude z.B. beim Kundengespräch oder in ihrem Büro befindet oder gerade außerhalb des Gebäudes eine Pause macht. Auch eine Verknüpfung der GPS-Daten des Smartphones mit den Verbindungsdaten ist denkbar, um z.B. eine unerlaubte Privatnutzung des Smartphones ermitteln zu können. Schnell werden Beschäftigte so auch im privaten Bereich zum Überwachungsobjekt des Arbeitgebers.
Die Beschäftigtenkontrolle durch Ortungssysteme ist datenschutzrechtlich nur in sehr engen Grenzen zulässig: Der Einsatz eines Ortungssystems durch Unternehmen kann nicht auf die Einwilligung der Beschäftigten gestützt werden, da es bei einer flächendeckenden Überwachung an der erforderlichen Freiwilligkeit mangelt. Ortungssysteme, mit denen Beschäftigte dauerhaft kontrolliert werden können, sind grundsätzlich unzulässig. Beschäftigte dürfen nicht einem permanenten Kontrolldruck ausgesetzt werden, da sie nicht „Betriebskapital“ sind, sondern Bürgerinnen und Bürger mit Rechten.
Die Erhebung personenbezogener Daten ist im Beschäftigungsverhältnis in der Regel nur zu dessen Begründung, Durchführung und Beendigung zulässig. Der Einsatz von Ortungstechnik, die gezielt der Überwachung des Verhaltens von Beschäftigten dient, kommt nur dann in Betracht, wenn begründete und klar dokumentierte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Beschäftigte eine Straftat oder eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begangen hat, die mittels der Ortungstechnik nachgewiesen werden kann. Jedoch ist auch in diesem Fall eine Kontrolle nur unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig.
Allein Vereinfachungsgründe rechtfertigen nicht den Einsatz von Ortungstechnik. Können Standortdaten etwa mittels Funk oder Telefon problemlos bei Beschäftigten selbst abgefragt werden (Grundsatz der Direkterhebung beim Betroffenen), ist diese Art der Erhebung vorzugswürdig, Auch zu Zwecken der Zeiterfassung oder Stundenabrechnung darf Ortungstechnik nicht der Direkterhebung von Arbeitszeiten durch die Beschäftigten selbst (z.B. Stechuhr oder Stundenzettel) vorgezogen werden.
Datenschutzrechtlich unproblematisch ist hingegen, wenn die Ortung durch das System technisch etwa erst nach einem Kfz-Diebstahl oder zur Sicherheit von Beschäftigten eingesetzt wird. Andere Einsatzmöglichkeiten von GPS sind in der Logistik denkbar. Beispielsweise können Speditionen zur Warenverfolgung ihren Fuhrpark orten. Dabei darf es jedoch zu keiner Verknüpfung der Ortungsdaten mit den personenbezogenen Daten des Fahrpersonals kommen. Auswertungsfunktionen, die nur der allgemeinen persönlichen Überwachung von Beschäftigten dienen können (wie etwa Geschwindigkeitsaufzeichnungen, Dauer von Fahrtunterbrechungen etc.), sind daher zwingend technisch zu unterbinden. Ein System etwa, das darüber informiert, wenn Beschäftigte eine definierte Zone verlassen oder sich zu lange in einer solchen Zone aufhalten, würde einen permanenten Kontrolldruck erzeugen und ist daher ebenfalls unzulässig.
Eine Ortung während der erlaubten privaten Nutzung eines Dienstfahrzeugs oder eines Smartphones ist ebenfalls unzulässig. Soll das Ortungssystem bei einem Fahrzeug auch dazu genutzt werden, ein Fahrtenbuch zu führen, ist die Erhebung von Standortdaten nicht erforderlich und technisch zu unterbinden. Eine Verwendung des Ortungssystems zum Führen eines Fahrtenbuchs ist nur durch eine ausdrückliche Einwilligung des Beschäftigten zulässig. Da diese freiwillig erteilt werden muss, ist den Beschäftigten die Möglichkeit einzuräumen, ein analoges Fahrtenbuch zu führen anstatt der Fahrzeugortung bei Privatfahrten.
Schon bei der Planung und Ausgestaltung der Systeme ist der Grundsatz der Datensparsamkeit zu verfolgen: Nur die für die betrieblichen Zwecke wirklich erforderlichen Daten dürfen erhoben werden. Eine routinemäßige Ortung eines Fahrzeugs ist unzulässig, wenn sie unabhängig von den notwendigen Planungen erfolgt.
Die Zweckbestimmung muss klar dokumentiert und gegenüber den Beschäftigten in transparenter Weise kommuniziert werden. Sie sind insbesondere über den Erhebungszweck und -umfang sowie über die Auskunftsrechte hinsichtlich der gespeicherten Daten zu informieren. Die Beschäftigten sind, etwa durch eine Benachrichtigung oder eine entsprechende Anzeige, darüber in Kenntnis zu setzen, wenn eine Ortung erfolgt. Ansonsten liegt eine grundsätzlich verbotene heimliche Überwachung vor.
In den seltenen Fällen, in denen der Einsatz von GPS-Ortungssystemen datenschutzrechtlich zulässig ist, ist außerdem vor deren Einführung der Betriebs- oder Personalrat zu beteiligen. In diesem Zuge empfiehlt es sich, in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung das Nähere zum Einsatz der GPS-Ortung zu regeln. Dabei sollten insbesondere Regelungen zum Einsatzzweck und den konkret erhobenen Daten sowie zum Zugriff hierauf und zu den Speicherfristen getroffen werden. Gegenüber den Beschäftigten sollte aus Gründen der Transparenz auch klargestellt werden, dass eine permanente und allgemeine Verhaltens- und Leistungskontrolle nicht stattfindet.