Kommunen / Wahlen
VI. Wenn das Kleinkind Wahlwerbung erhält: Datenpannen bei Meldeabfragen
Zahlreiche Beschwerden über politische Parteien erreichten den Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit im Vorfeld der diesjährigen Bundestagswahl aus verschiedenen Landesteilen von Rheinland-Pfalz. Etliche Erziehungsberechtigte von Minderjährigen beklagten sich darüber, dass ihre noch nicht wahlberechtigten Kinder persönlich adressierte Wahlwerbung erhalten hatten. Doch das Versehen lag nicht bei den Parteien, sondern bei den Auskunft gebenden Meldestellen. Diese hatten fehlerhafte Abfragen im Meldesystem durchgeführt und Datensätze unter Anwendung von nicht ausreichend konkreten Parametern erstellt, wodurch auch Daten von nicht wahlberechtigten Personenkreisen übermittelt wurden.
„Grundsätzlich sieht das im Bundesmeldegesetz verankerte Meldewesen ein Auskunftsprivileg für Parteien und Wählergruppen vor, wenn die begehrte Auskunft im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen steht“, so Prof. Dr. Dieter Kugelmann, Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Ab sechs Monaten vor der Wahl dürfen die Parteien gewisse personenbezogene Daten aus dem Melderegister erhalten. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um eine vorher festgelegte Altersgruppe handelt. Dadurch können die Parteien gezielt z.B. die Gruppe der Erstwähler:innen oder der Senior:innen ansprechen.
Da den anfragenden Gruppierungen zwar Name und Anschrift mitgeteilt wird, nicht aber das Geburtsdatum oder das Alter der Adressaten, hatten die Parteien in den aktuellen Fällen keine Kenntnis darüber, wie alt die Empfänger:innen der Wahlwerbung tatsächlich waren. Vielmehr mussten sie davon ausgehen, dass die erhaltenen Meldesätze ausschließlich die Daten von Erstwähler:innen enthielten und alle anderen Personen ausgeschlossen waren – was aber nicht der Fall war. Und so kam es, dass teilweise Kleinkinder an sie gerichtete Wahlwerbung erhielten.
Der LfDI wird die aktuellen Vorfälle zum Anlass nehmen, insbesondere die behördlichen Datenschutzbeauftragten der kommunalen Behörden für das Thema weiter zu sensibilisieren. Das Ziel müsse sein, zukünftig bei der Erstellung entsprechender Abfragen sorgfältiger zu arbeiten, um nicht ohne Rechtsgrundlage Meldedaten an die Parteien herauszugeben, so Kugelmann.
Unabhängig davon weist der Landesbeauftragte auf das jedermann zustehende Widerspruchsrecht nach § 50 Abs. 5 Bundesmeldegesetz hin. Danach kann der Weitergabe der Meldedaten zu diesem Zweck grundsätzlich widersprochen werden, sodass Auskunftserteilungen erst gar nicht erfolgen (so genannte Übermittlungssperre, zu unterscheiden von einer Auskunftssperre i.S.v. § 51 BMG). Der entsprechende Antrag kann bei der jeweils zuständigen Meldebehörde gestellt werden.