Veröffentlichung von Insolvenzdaten privater Schuldner

Die deutschen Insolvenzgerichte haben ihre Insolvenzbekanntmachungen zu veröffentlichen – seit einigen Jahren auch im Internet. Dies ist u.a. aus Gründen des Gläubigerschutzes gesetzlich vorgeschrieben. 

Die Veröffentlichung durch die Insolvenzgerichte erfolgt über das Internetportal www.insolvenzbekanntmachungen.de. Dort sind die Insolvenzbekanntmachungen grundsätzlich nur innerhalb der ersten zwei Wochen nach dem ersten Tag ihrer Veröffentlichung uneingeschränkt abrufbar, d.h. über eine einfache Suchfunktion. Es bedarf insoweit keiner kostenpflichtigen Anfrage unter Darlegung eines berechtigten Interesses, um von der Insolvenz einer Person Kenntnis zu erlangen. 

Aus Gründen des Schuldnerschutzes ist nach Ablauf dieser zwei Wochen ein Abruf bezüglich natürlicher Personen, die keine selbstständige Tätigkeit ausüben oder jemals ausgeübt haben (Verbraucherinsolvenzen), nur noch möglich, wenn die Abfrage den Sitz des Insolvenzgerichts und mindestens eine der folgenden Angaben enthält:

  • Familienname,
  • Wohnsitz des Schuldners,
  • das Aktenzeichen des Insolvenzgerichts.

Die veröffentlichten Daten aller anderen Verfahren (juristische Personen, Selbstständige usw.) können während der gesamten Laufzeit der Insolvenzverfahren uneingeschränkt gesucht und gefunden werden.

Nach § 3 Abs. 1 der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet wird die in einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem erfolgte Veröffentlichung von Daten aus einem Insolvenzverfahren spätestens sechs Monate nach der Aufhebung oder der Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens gelöscht. 

Zum Schutz der Schuldnerinnen und Schuldner ist auch der Zugriff durch Suchmaschinen auf das Portal ausgeschlossen, sodass eine Insolvenzbekanntmachung der Insolvenzgerichte über das amtliche Portal nicht bei einer einfachen Google-Suche nach dem Namen einer bestimmten Person angezeigt wird. 

Regelmäßig lesen private Unternehmen die Daten des Portals www.insolvenzbekanntmachungen.de aus, speichern und veröffentlichen diese entweder auf eigenen Internetseiten oder stellen sie im Rahmen einer App einer Vielzahl von Nutzerinnen und Nutzern zur Verfügung. Problematisch ist, dass es hierdurch zu einer zeitlich unbeschränkten Veröffentlichung der Daten kommen kann, dass vereinfachte Zugangsmöglichkeiten (z.B. mit Suchmaschinen) zu Insolvenzbekanntmachungen geschaffen werden können und die Insolvenzdaten erheblich verändert werden können, etwa durch eine Verknüpfung mit weiteren Informationen (z.B. Geodaten, so dass Insolvenzschuldner und -schuldnerinnen einfacher lokalisiert werden können).

Veröffentlichungen von Insolvenzdaten durch private Stellen lassen sich nicht auf die Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet stützen, denn diese betrifft lediglich öffentliche Bekanntmachungen. Rechtsgrundlage für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten zur Bekanntgabe von Insolvenzen durch private Dritte im Internet oder mithilfe einer App ist derzeit Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO. Danach ist das Verarbeiten personenbezogener Daten zulässig, soweit sie berechtigten Interessen des Datenverarbeiters oder eines Dritten dient und die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen diesem Interesse nicht überwiegen.

Das Geschäftsinteresse, Insolvenzdaten gegen Bezahlung Unternehmen oder z.B. Vermietern anzubieten, ist grundsätzlich ein berechtigtes Interesse. Dieses muss jedoch im Einzelfall mit den Rechten und Freiheiten der betroffenen Personen abgewogen werden. Für die betroffenen Personen kann die Veröffentlichung ihrer Insolvenzdaten erhebliche wirtschaftliche Nachteile und auch Rufschädigungen bedeuten.

Im Hinblick auf Privatinsolvenzen überwiegen die Interessen der betroffenen Personen jedenfalls dann, wenn die Veröffentlichung über die Veröffentlichung im öffentlichen Insolvenzportal hinausgeht.

Dies bedeutet:

  • Öffentlich verfügbar mittels einfacher Suchanfrage dürfen die Daten nur während derselben Zeiträume sein wie auf dem öffentlichen Insolvenzportal www.insolvenzbekanntmachungen.de, bei Verbraucherinsolvenzen also nur während derselben zwei Wochen. Nach Ablauf des jeweiligen Zeitraums dürfen Daten über Privatinsolvenzen nur bei Vorliegen eines besonderen berechtigten Interesses eines Dritten an diesen übermittelt werden. Das berechtigte Interesse ist durch den Empfänger vor der Übermittlung im Einzelfall darzulegen und zu dokumentieren.
  • Die Insolvenzdaten dürfen nicht zum Nachteil der betroffenen Personen verändert oder mit weiteren Daten (z.B. Geodaten) verbunden werden und damit einen anderen/ höheren Aussagegehalt erlangen.
  • Die betroffenen Personen sind durch den Ausschluss des Zugriffs durch Suchmaschinen auf die Webseite zu schützen.
  • Spätestens sechs Monate nach Abschluss des Insolvenzverfahrens sind die Insolvenzdaten vollständig zu löschen.

Ein Überwiegen der Interessen der Privatinsolvenzschuldner, das zur Unzulässigkeit der Veröffentlichung der Insolvenzdaten führt, ist also insbesondere dann anzunehmen, wenn die Daten den Dritten länger zur Verfügung gestellt werden als diese über das Portal www.insolvenzbekanntmachungen.de abrufbar sind, mit Suchmaschinen (insbesondere bei Eingabe des Namens der betroffenen Personen) zu finden sind oder gegenüber der ursprünglichen Veröffentlichung auf dem Portal zum Nachteil des Schuldners verändert wurden, z.B. durch Verknüpfung mit Geodaten.

Überdies sind die von der Veröffentlichung der Insolvenzdaten betroffenen Personen gemäß Art. 14 DS-GVO vom Verantwortlichen einzeln über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu informieren. Hierfür reicht ein Hinweis auf der Webseite aber nicht aus, da die betroffenen Personen nicht damit rechnen müssen, dass ihre personenbezogenen Daten auf einer bestimmten Webseite veröffentlicht werden. Daher werden sie diese Seiten auch nicht besuchen, um dort Informationen nach Art. 14 DS-GVO empfangen zu können. Die einzelne Unterrichtung der betroffenen Personen ist auch nicht gemäß Art. 14 Abs. 5 lit. b DS-GVO unmöglich oder unverhältnismäßig.

Ist der Betreiber eines möglicherweise unzulässigen Angebots zu ermitteln und hat dieser seinen Sitz in Deutschland, kann eine Veröffentlichung verhindert werden. Dabei können sich betroffene Schuldner sowohl an die zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden als auch die zuständigen Gerichte wenden.

Sollte der Betreiber des Angebots allerdings nicht zu ermitteln oder im Ausland ansässig sein, so kann gegenüber Suchmaschinen vom Recht auf Vergessenwerden Gebrauch gemacht werden, damit die Webseiten, auf denen die personenbezogenen Daten des Schuldners aus seinem Insolvenzverfahren in unzulässiger Weise veröffentlicht werden, zumindest nicht mehr als Treffer bei einer Suche anzeigt werden.