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Doping-Kontrollsystem immer stärker unter Druck - NADA und Bundesinnenministerium beteuern Reformbereitschaft

- Pressemitteilung vom 20. Oktober 2011

In einer Anhörung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages konnte der Landesbeauftragte für den Datenschutz Rheinland-Pfalz seine bisherige Kritik am Doping-Kontrollsystem der nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) erläutern.

Der _LfD war von einer Reihe von Spitzensportlern mit der Bitte angerufen worden, ihre Persönlichkeitsrechte gegenüber Doping-Kontrollmaßnahmen zu schützen. Dabei kam er zum Ergebnis, dass das aktuelle Kontrollsystem in wesentlichen Punkten gesetzeswidrig ist (vgl. Pressemitteilung 26. Juli 2011). So verstößt das Meldesystem ADAMS, bei dem sich Sportler zu Kontrollzwecken lückenlos an- und abmelden müssen, ebenso gegen Datenschutzrecht wie die Übermittlung sensibler Gesundheits- und Aufenthaltsdaten an die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA oder die Veröffentlichung von vermuteten Dopingfällen. Die Abnahme von Urinproben, bei der sich Sportlerinnen und Sportler entkleiden und beobachten lassen müssen, verletzt sogar ihre Menschenwürde. Zu diesem Ergebnis kommt auch ein von der deutschen Basketballspielervereinigung SP.IN beim Frankfurter Arbeits- und Datenschutzrechtler Prof. Wedde eingeholtes Gutachten. Dies ist umso problematischer, als es sich beim Doping-Kontrollsystem wegen des bestimmenden finanziellen und strukturellen Einflusses des Bundesinnenministeriums auf die NADA um ein quasi-staatliches Überwachungssystem handelt.

Für Betroffenheit sorgte die Stellungnahme des Basketball-Nationalspielers Heiko Schaffartzik vor dem Bundestagsausschuss, der forderte, die Intimsphäre der Sportler stärker zu respektieren. So sei die Sichtkontrolle beim Urinieren für die Sportler demütigend. Auch zwinge das ADAMS-System den Sportler, sich durch die Angabe eines dauerhaften Übernachtungspartners vor der NADA zu outen, auch wenn er seine sexuelle Orientierung eigentlich geheim halten möchte, kritisierte der Basketballer.

Von Seiten der NADA wurde eingeräumt, dass auch sie datenschutzrechtliche Probleme sehe, etwa bei der Speicherung von Sportler-Daten über 8 Jahre hinweg. Sie habe daher auf Kritik der Datenschützer reagiert und etwa Minderjährige von unverhältnismäßigen Verpflichtungen entbunden.

Der vom Bundesinnenministerium favorisierte Lösungsansatz, das Doping-Kontrollsystem zukünftig dadurch rechtmäßig zu gestalten, dass man sich auf internationaler Ebene um die Änderung der Doping-Kontrollregeln bemühe, reicht jedoch aus Sicht des Datenschutzes nicht aus. Hierzu führte Dr. Stefan Brink, beim _LfD zuständig für den Datenschutz in der Privatwirtschaft, vor dem Bundestag aus: Die Grundrechte und das deutsche Datenschutzrecht gelten nicht nach Belieben internationaler Organisationen wie der WADA, sondern unbedingt. Auch Sportler sind daher keine Grundrechtsträger 2. Klasse. So wichtig die internationale Koordinierung des Anti-Doping-Kampfes auch ist, sie findet ihre Grenzen an unserer Verfassung. Auch wenn sich das Innenministerium großen Einfluss auf die WADA zuschreibe, bliebe doch fraglich, ob sich international der hohe deutsche Datenschutzstandard durchsetzen lasse.

Daher begrüßt der _LfD die von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen angekündigte Gesetzesinitiative zur Sicherung der Persönlichkeitsrechte von Sportlerinnen und Sportlern im Doping-Kontrollsystem. Gleichzeitig müsse unter Beteiligung der Betroffenen intensiv an der Suche nach Alternativen zum vorgeblich alternativlosen Anti-Doping-System gearbeitet werden.

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