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EuGH kippt anlasslose Vorratsdatenspeicherung

In seinem gestern erlassenen Urteil stemmt sich der EuGH gegen die Vorratsspeicherung von Daten einer unbegrenzten Anzahl von Personen ohne Anlass. Konkret ging es um die Regelungen in Schweden und Großbritannien, die entsprechende Vorratsspeicherungen vorsahen. Der EuGH sieht in den nationalen Regelungen einen Verstoß gegen das Europarecht.

In seinem gestern erlassenen Urteil stemmt sich der EuGH gegen die Vorratsspeicherung von Daten einer unbegrenzten Anzahl von Personen ohne Anlass. Konkret ging es um die Regelungen in Schweden und Großbritannien, die entsprechende Vorratsspeicherungen vorsahen. Der EuGH sieht in den nationalen Regelungen einen Verstoß gegen das Europarecht.

Damit ist klargestellt, dass das Europarecht auf Regelungen zur Vorratsspeicherung von Daten auch künftig anwendbar ist. Die zugrunde liegende Richtlinie über die elektronische Kommunikation ist geltendes Recht und wird gerade bearbeitet. Damit ist auch die deutsche Regelung der Vorratsspeicherung, die vor kurzem getroffen wurde und im nächsten Jahr in den Wirkbetrieb übergehen soll, am Europarecht zu messen. Maßstab sind die Grundrechte auf Privatheit, Datenschutz und freie Meinungsäußerung der europäischen Grundrechtecharta.

Der EuGH sieht innerstaatliche Regelungen zur umfangreichen Speicherung von Daten nur dann als gerechtfertigt an, wenn dies der Bekämpfung schwerer Straftaten dient. Er stellt fest, dass aus der Gesamtheit der umfangreichen gespeicherten Daten sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben der Personen gezogen werden können, die letztlich zu einem besonders schwerwiegenden Eingriff führen. Eine gezielte Speicherung aus bestimmtem Anlass ist sehr viel eher möglich. Die Zugriffsregelung für die Sicherheitsbehörden muss aber die materiellen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nach einem objektiven Maßstab festlegen.

Für die deutsche Rechtslage heißt das, dass die Vorratsdatenspeicherung im geltenden Bundesrecht, die demnächst wirksam werden soll, auf ihre Vereinbarkeit mit diesen Maßstäben zu prüfen ist. Die deutsche Regelung ist zwar im Vergleich zu den Regelungen anderer Mitgliedstaaten zurückhaltend und moderat. Dennoch müssen ihre Eingriffsvoraussetzungen und die Anwendung etwa auf Berufsgeheimnisträger wie Geistliche oder Ärzte auch europarechtlich geprüft werden.

Das Urteil des EuGH geht in seinen Wirkungen über die Vorratsdatenspeicherung hinaus. Jede Maßnahme der Sicherheitsbehörden, die keinen konkreten Anlass hat und dabei einen sehr großen Personenkreis erfasst, ist allenfalls unter engen Voraussetzungen zur Bekämpfung schwerer Kriminalität möglich. Dies betrifft auch Maßnahmen der Polizeigesetze auf Länderebene, wie etwa des rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes.

Der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Prof. Dr. Kugelmann hält fest: "In der angesichts der schrecklichen Ereignisse in Deutschland und Europa zweifellos aktuellen Sicherheitsdiskussion ist Besonnenheit gefragt. Der EuGH stützt die Argumente und Positionen derer, die sich für genaues Hinsehen und gegen voreilige Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen aussprechen. Damit hat der Europäische Gerichtshof sich einmal mehr als Fels in der sicherheitspolitischen Brandung erwiesen. Gemeinsam mit dem Bundesverfassungsgericht wird er damit der Aufgabe gerecht, die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in Europa zu wahren."

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