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Kein Datenschutz zweiter Klasse für Asylsuchende!

Am heutigen Tag berät der Bundestag über den "Entwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht" in erster Lesung. Durch den Gesetzesentwurf werden Regelungen geschaffen, die tief in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Asylsuchenden eingreifen.

Die durch den Gesetzesentwurf geplante Erweiterung der gesetzlichen Möglichkeit, Datenträger und insbesondere Mobiltelefone von Ausländerinnen und Ausländern bereits in Folge des Antrags auf Asyl auszuwerten, begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar ist es ein legitimes Ziel, die Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers festzustellen, um ein geordnetes Asylverfahren durchführen zu können. Dieses Ziel soll aber mit Mitteln erreicht werden, die in die Grundrechte der Betroffenen, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung tief eingreifen.

Das Menschenrecht auf Datenschutz steht selbstverständlich auch Ausländerinnen und Ausländern in vollem Umfang zu. Gerade in der verwundbaren Situation des Flüchtlings, der einen Antrag bei einer Behörde in einem Staat stellt, dessen Funktionsweisen ihm nicht vertraut sind, ist besonders auf die Effektivität des Grundrechtsschutzes zu achten.

Die Nutzung von Mobiltelefonen und anderen Datenträgern wie USB-Sticks zur Feststellung von Identität und Staatsangehörigkeit ist dabei nicht ausgeschlossen. Allerdings ist zunächst auf die Freiwilligkeit der Entscheidung des Betroffenen abzustellen. Dies ist auch im geltenden Gesetz bereits vorgesehen. Nach § 48 Abs. 3a Aufenthaltsgesetz ist die Maßnahme dann zulässig, wenn kein milderes Mittel zur Erreichung dieses Ziels vorhanden ist. Die Verpflichtung des Ausländers, die notwendigen Zugangsdaten für eine zulässige Auswertung von Datenträgern zur Verfügung zu stellen, setzt voraus, dass zunächst die Frage nach der Freiwilligkeit gestellt wurde. Dabei ist auf die spezifische Situation des Antragstellers in einem Verfahren Rücksicht zu nehmen, bei dem es für die Ausländerinnen und Ausländer oftmals um existenzielle Fragen geht. Ein Asylsuchender, der Schutz vor Verfolgung sucht, wird vieles tun, um diesen Schutz auch zu erhalten. An die Freiwilligkeit sind daher hohe Anforderungen zu stellen. Sprachbarrieren müssen zwingend überwunden werden. Die Auswertung von Datenträgern, zu der die Betroffenen ihre Passwörter offen legen müssen, kann lediglich das allerletzte Mittel sein, wenn aufgrund der besonderen Konstellation ausnahmsweise die anderen generellen Möglichkeiten des Verwaltungsverfahrensrechts nicht weiterhelfen.

Die bereits vorhandene Regelung im Aufenthaltsgesetz soll nunmehr nicht die einzige Rechtsgrundlage bleiben, mit der von Ausländerinnen und Ausländern im Asylverfahren verlangt werden kann, Daten mobiler Endgeräte preiszugeben. Mit der anvisierten Neuerung des § 15a AsylG soll es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge möglich werden, bereits bei Antragsstellung Datenträger zur Identifikation Asylsuchender von diesen zu verlangen. Auch wenn die Auswertung einem Volljuristen vorbehalten sein soll, ist der Asylsuchende gezwungen seine persönlichen Daten preiszugeben – ohne dass eine unabhängige Instanz dies beaufsichtigt.Grundrechtsschutz durch Verfahren – wie ein Richtervorbehalt – ist bislang nicht vorgesehen. Dass damit – temporär – die Verbindung zur Heimat und der Kontakt zu Angehörigen in unsicheren Herkunftsländern verwehrt wird, muss ebenfalls im Rahmen einer Abwägung berücksichtigt werden.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. Dieter Kugelmann, mahnt zur Vorsicht: „Bereits die vorhandene Regelung kann nur in Ausnahmefällen zur einer tatsächlichen Auswertung von Datenträgern führen. Eine flächendeckende Einführung dieser Maßnahme gewissermaßen als Regelmaßnahme würde das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in einer Weise einschränken, die mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor dem Hintergrund der spezifisch verwundbaren Situation von Asylsuchenden schwer zu vereinbaren ist.“

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