„1.111 Beschwerden, dies bedeutet einen Höchststand. Die Schnapszahl mag in Rheinland-Pfalz zum Schmunzeln führen, sie zeigt aber vor allem das gestiegene Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger für ihr Recht auf Datenschutz in Zeiten umfassender Digitalisierung“, erläutert der Landesbeauftragte Prof. Dr. Dieter Kugelmann. Ein annähernd hohes Beschwerdeaufkommen wurde bislang nur in den von der Corona-Pandemie geprägten Jahren 2020 und 2022 erreicht. Auch die Zahl der Datenpannen, die die Behörde des Landesbeauftragten im Berichtsjahr bearbeitete, stieg im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent auf 752. Nur einmal, im Jahr 2022, lag diese Zahl bisher höher.
Für den Landesdatenschutzbeauftragten ein deutlicher Beleg für die Bedeutung, die der Schutz persönlicher Daten für die Bürgerinnen und Bürger im Bundesland hat. „Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sichert die individuellen Freiheiten der Menschen in Rheinland-Pfalz, Deutschland und Europa. Es verpflichtet global tätige Konzerne zur Achtung europäischer Standards und ist ein Grundpfeiler unseres Wertesystems als freie demokratische Gesellschaft“, so Prof. Kugelmann.
Gleichzeitig stelle er fest, dass im öffentlichen Diskurs und teils auch auf politischer Ebene Abwägungen zwischen der informationellen Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger und wirtschaftlichen Interessen zunehmend einseitig vorgenommen würden. Die Bedeutung wirtschaftlicher Entwicklung sei selbstverständlich anzuerkennen, Innovation und Wirtschaftsförderung könnten aber auch mit funktionierendem Datenschutz gelingen. „Mein kompetentes Team zeigt täglich, wie das geht: mit transparenter Kommunikation, persönlichen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern in meiner Behörde und mit Beratung vor Ort, selbstverständlich bei genauer Kenntnis der unternehmensspezifischen Bedürfnisse und von regionalen Besonderheiten“, so der Landesbeauftragte weiter.
Die 1.111 Beschwerden und die weiteren knapp 500 Fälle, in denen der Landesbeauftragte aufgrund von Hinweisen oder von Amts wegen tätig wurde, betreffen alle Lebensbereiche: Wirtschaft, die digitale Lebenswelt, Medien und Werbung, Videoüberwachung, Beschäftigtendatenschutz, Gesundheit, Soziales, Bildung und mehr.
Ein bedeutender Anteil der Arbeit der Behörde entfiel im Jahr 2024 auf die Beratung privater und öffentlicher Stellen sowie auf die Begleitung von Gesetzgebungsprozessen aus der Perspektive des Datenschutzes. So begleitete der Landesdatenschutzbeauftragte konstruktiv und kritisch etwa die Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes in Rheinland-Pfalz. Dieses wurde um neue Befugnisse erweitert, darunter die automatisierte Datenanalyse und die Rechtsgrundlage zum Betrieb der MonoCam. Bestehende Befugnisse wurden verschärft, etwa der Einsatz von Bodycams in Wohnungen. Die damit einhergehende Ausweitung der Grundrechtseingriffe muss mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ausbalanciert werden. Dass in der verabschiedeten Fassung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes Maßnahmen wie etwa die biometrische Gesichtserkennung nicht enthalten sind, wertet der Landesbeauftragte als begrüßenswerte zurückhaltende Linie des rheinland-pfälzischen Gesetzgebers. Bei zukünftigen Gesetzgebungsverfahren werden hier die Anforderungen der europäischen KI-Verordnung zu berücksichtigen sein.
Künstliche Intelligenz, ihre Potenziale und ihre Anziehungskraft, aber auch die zahlreichen noch unzureichend geklärten Rechtsfragen hinsichtlich ihrer Anwendung in Behörden und Unternehmen sind nach wie vor ein Schwerpunkt der Arbeit des Landesbeauftragten. Mit der Gründung eines eigenen Arbeitskreises Künstliche Intelligenz, dessen Leitung der rheinland-pfälzische Landesdatenschutzbeauftragte gemeinsam mit seinem baden-württembergischen Amtskollegen übernahm, wurde dieser Schwerpunkt Ende 2024 auch innerhalb der Datenschutzkonferenz der deutschen Behörden auf Dauer institutionalisiert. Die rechtlichen und technischen Aspekte, die den Arbeitskreis stark beschäftigen, umfassen die Erhebung und Vorbereitung von Trainingsdaten, das Training mit personenbezogenen Daten, Art und Umfang von risikomindernden Maßnahmen sowie die Auswirkungen eines möglicherweise rechtswidrigen Trainings auf die Rechtmäßigkeit des Einsatzes eines KI-Modells sowie die Umsetzung von Betroffenenrechten.
Einzelheiten zur Arbeit des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz im Jahr 2024 können dem 88-seitigen Tätigkeitsbericht entnommen werden, der als PDF-Datei unter https://www.datenschutz.rlp.de/fileadmin/datenschutz/Dokumente/Taetigkeitsberichte/ds_tb33.pdf zum Download bereitsteht.
Weitere Informationen:
Der Landesbeauftragte ist in Rheinland-Pfalz sowohl für die Datenschutzaufsicht als auch für die Einhaltung des Informationsfreiheitsgesetzes zuständig. Dem Landtagspräsidenten berichtet er über seine Arbeit regelmäßig in Form von Tätigkeitsberichten. Der Tätigkeitsbericht zum Datenschutz erscheint jedes Jahr, der Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit wird im zweijährlichen Rhythmus veröffentlicht.
Download:
33. Tätigkeitsbericht zum Datenschutz für das Jahr 2024