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Landesdatenschützer widerspricht Bericht der Allgemeinen Zeitung: Videoüberwachung von Glascontainern durch Kommunen ist grundsätzlich rechtswidrig

Am 08.08.2023 berichtete die Allgemeine Zeitung Mainz vom Vorgehen einer Gemeinde, mittels Videoüberwachung gegen illegale Müllablagerungen vorzugehen. Der Artikel legte nahe, dass das Vorgehen von der Landesdatenschutzbehörde genehmigt sei. Dem widerspricht der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Prof. Dr. Dieter Kugelmann, und stellt klar: „Der Einsatz von Videokameras zur Überwachung von Glascontainern und anderen Müllablagerungsstellen durch Kommunen ist grundsätzlich aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht zulässig.“ Die im Bericht genannten Gemeinden müssen nun mit der Einleitung förmlicher Verfahren rechnen.

Im Artikel „Waldalgesheim überwacht Bürger beim Müllentsorgen“ vom 08.08.2023 berichtete die Allgemeine Zeitung über den Einsatz von Videokameras durch die Gemeinde. Die Kameras seien zum Schutz vor illegalen Müllablagerungen an zwei Glascontainern installiert worden und ermöglichten seit rund einem Jahr die Identifikation entsprechender Personen. Zur vermeintlichen Rechtfertigung der in Waldalgesheim vorgenommenen Videoüberwachung zitiert der Artikel in missverständlicher Weise einen Passus aus der „Orientierungshilfe für die Videoüberwachung in Kommunen“ von der Webseite des LfDI.

„Der Einsatz von Videokameras zur Überwachung von Glascontainern in Waldalgesheim war uns bislang nicht bekannt. Fälle, die meiner Behörde durch Hinweise oder Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern bekannt werden, werden von uns regelmäßig überprüft“, erklärt Dieter Kugelmann. Den Bericht der AZ wird der LfDI nun zum Anlass nehmen, ein Verfahren einzuleiten. „Auf Grundlage der im Bericht geschilderten Umstände spricht viel dafür, dass die in Waldalgesheim praktizierte Videoüberwachung unzulässig ist.“ Die Ortsgemeinde Waldalgesheim muss mit einer förmlichen Beanstandung und je nach Verlauf des Verfahrens mit einer Anweisung zur Unterlassung der Videoüberwachung rechnen.

Die Klarstellung im aktuellen Fall könne auch Unsicherheiten bei anderen Kommunen im Land entgegenwirken, so Dieter Kugelmann. Der Landesdatenschutzbeauftragte appelliert: „Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist zu vermeiden, um die Rechte unbescholtener Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Im Fall der Videoüberwachung von Glascontainern und anderen Müllablagerungsstätten durch Kommunen muss grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Überwachung nicht zulässig ist. Wir raten betroffenen Kommunen ausdrücklich, von derartigen Maßnahmen abzusehen und gegebenenfalls laufende Videoüberwachungen unverzüglich einzustellen.“


Zum Hintergrund:

Im Bericht der Allgemeinen Zeitung heißt es:

„Der Landesbeauftragte für Datenschutz im Land stellt zudem fest: ‚Das reine Monitoring von Zutritts-/Zufahrtsbereichen kann dann weitgehend unproblematisch gehandhabt werden, wenn die Beobachtung eng auf den jeweiligen Bereich beschränkt wird und keine sonstigen, insbesondere keine dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Flächen außerhalb der kommunalen Liegenschaft erfasst werden. Die dabei zum Einsatz kommenden Kameras sollten über keine Zoom- oder Schwenkfunktionen verfügen.‘“

Das Zitat ist der „Orientierungshilfe für die Videoüberwachung in Kommunen“ auf der Webseite des LfDI entnommen. Im Artikel der AZ ist das Zitat aus seinem ursprünglichen Zusammenhang gelöst und erheblich missverständlich verwendet. Denn im zitierten Passus wird auf die Praxis des „Monitoring“ abgestellt. „Monitoring“ ist gleich im zweiten Absatz der Orientierungshilfe definiert (Seite 2, Punkt I.2):

„Von einer Videobeobachtung in Echtzeit (Monitoring) spricht man, wenn die aufgenommenen Bilder nur auf einen Monitor übertragen werden. Bei dieser Fallkonstellation stellt der Monitor sozusagen ein ‚verlängertes Auge‘ des Betrachters dar. Deshalb greift diese Form der Videoüberwachung auch weniger intensiv in die Rechte der Betroffenen ein als dies bei der Speicherung (Videoaufzeichnung) der Bilddaten der Fall ist.“

„Monitoring“ bezeichnet demnach die Videoüberwachung in Echtzeit in Form der „Live“-Übertragung von Bildern auf einen Monitor, ohne dass Bilddaten – für egal welche Dauer – gespeichert werden. In der Praxis müsste also eine von der Gemeinde beauftragte Person immer, im Fall von nächtlichen Müllablagerungen auch nachts, vor dem Bildschirm sitzen. Waldalgesheim nimmt laut des Artikels aber eine Aufzeichnung vor, das Vorhaben kann demnach nicht als „reines Monitoring“ gelten. Der zitierte Text aus der Orientierungshilfe des LfDI ist schon deshalb für den geschilderten Fall nicht anwendbar.

Auch die weiteren im Textzitat genannten Erwägungsgründe stützen das Vorgehen der Gemeinde Waldalgesheim in keiner Weise. Zum einen ist in der Textpassage vom „Monitoring von Zutritts-/Zufahrtsbereichen“ die Rede: Hierunter fallen beispielsweise die Pforte eines Rathauses oder ein mit Schranken versehener Parkplatz, ein Müllsammelplatz gehört nicht dazu. Zudem wird korrekt angeführt, dass „keine dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Flächen außerhalb der kommunalen Liegenschaft erfasst werden“ dürfen. Der Raum um Glascontainer ist als öffentlicher Raum zu werten, und da es den an Videoüberwachung interessierten Gemeinden gerade darum geht, für Beschädigungen und Verunreinigungen verantwortliche Personen zu identifizieren, ist davon auszugehen, dass Personen und/oder Kfz-Kennzeichen von den Kameras erfasst werden sollen.

Die datenschutzrechtliche Bewertung von Videoüberwachung ist immer einzelfallbezogen zu sehen. Im hier geschilderten Anwendungsbereich überwiegen die möglichen Interessen der Kommunen jedoch grundsätzlich nicht die schutzwürdigen Rechte der von der Videoüberwachung betroffenen Personen.

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